Verschläft Deutschland seine Zukunft?
Ein Gastbeitrag von Achim Berg, Präsident Bitkom e.V. Er diskutiert auf dem Wirtschaftsgipfel Deutschland zum Thema „Digitalisierung voranbringen – Politik als Treiber oder Blockierer?“.
Die Wirtschaft brummt, die Arbeitslosenzahlen sind auf einem historisch niedrigen Stand, die Konsumenten in Kauflaune – Deutschland geht es gut. Alles schöner Schein oder eine Leistung mit Substanz auch für die Zukunft? In welchen Zukunftsindustrien spielt Deutschland eine Rolle? Ein paar Beispiele:
Digitalisierung und Informationstechnologie
Hier spielen deutsche, aber auch europäische Unternehmen eine verschwindende Rolle. Google, Facebook, Amazon, Microsoft und einige andere dominieren die Märkte. An ihnen kommt keiner vorbei. Die Auswirkungen erleben wir in allen Bereichen – von der Mobilität über den Handel bis zur Robotik.
Finanzindustrie
Der Finanzplatz Deutschland ist schon lange abgehängt. Die Börsen in New York, Tokio oder Hongkong geben den Ton an. Deutsche Bankhäuser gehören nicht zu den Großen der Branche. Hier teilen sich die USA und China die Plätze unter den Top Ten.
Online-Marktplätze
Auch hier das gewohnte Bild: America first. Amazon, vielleicht noch eBay und dann Alibaba – auch hier spielen deutsche Unternehmen keine Rolle.
Es fehlt das Puzzleteil Digitalisierung
Diese Liste könnte man fortsetzen. Wo sind wir stark? Automobilindustrie, Maschinenbau, Pharma, Medizintechnik und Handel. Branchen, die aus den Leistungen der vergangenen Jahrzehnte dominieren und auch führend in der Welt sind. Aber wie lange noch? Es fehlt das Puzzleteil Digitalisierung. Hier hinken Unternehmen und Gesellschaft deutlich hinterher. Bedenken und Angst statt Offenheit und Neugier herrschen vor. Cloud in Unternehmen? Vernetzte Arbeitsprozesse? Ein Sendemast direkt vor der Tür? Finanz-Geschäfte über das Smartphone? Der ID-Chip unter der Haut?
Mit der Zukunft tun sich deutsche Unternehmen, Politiker und Gesellschaft schwer.
Warum sollen wir uns verändern, uns geht es ja gut. Wenn Deutschland eine Zukunft haben soll, geht es weniger um die neuen Industrien (die kommen von selber), es geht um Offenheit und Innovationsdrang in allen Bereichen. Schon von Kindesbeinen an sollte das gelernt werden. Denn neue Ideen, ein immer wieder anderes Denken kreiert Wachstum und Wohlstand. Nehmen wir den Flixbus – die Idee zur Plattform verändert gerade die Transportbranche. Hier wurden der Bedarf an Verbindungen mit dem Gedanken der Community intelligent verbunden und damit zum Erfolgsmodell.
Wirtschaft, Politik und Gesellschaft müssen sich der Zukunft offen annehmen, dürfen sich nicht ausruhen, sondern müssen immer wieder neu denken und sich gegenseitig fördern, nicht blockieren. Wir müssen hungrig bleiben und Disruption leben – sonst ergeht es uns wie der satten antiken römischen Gesellschaft. Mit vollem Bauch in die Bedeutungslosigkeit.
Wir haben viel zu bieten.
Innovationen entstehen immer an den Schnittstellen von Technologien und Branchen – und genau dort sind wir stark und genau dort müssen wir noch stärker werden. Im 3D-Druck, der Industrie 4.0, der datenbasierten Individualmedizin, der Künstlichen Intelligenz oder der IT-Logistik. Und weshalb künftig nicht auch in der autonomen Mobilität, den digitalen Medien oder dem adaptiven Lernen. Genug geredet, jetzt heißt es: machen!
Achim Berg auf dem Wirtschaftsgipfel Deutschland
»DIGITALISIERUNG VORANBRINGEN«
Politik als Treiber oder Blockierer?
Mit dabei sind Joachim Hermann MdL, Staatsminister des Innern für Bau und Verkehr, CSU; Dr. Dietmar Bartsch, MdB, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE; Thomas Sigmund, Leiter Hauptstadtbüro Handelsblatt
Die komplette Agenda finden Sie hier.