Nachbericht Wirtschaftsgipfel Deutschland 2017

Veränderung braucht Mut
Wirtschaftsgipfel 2017 Seeheim
6
Jul

Erfolgreicher Wandel: Technische Innovation gepaart mit sozialer Innovation

Am 1. Juli 2017 lud der Wirtschaftsgipfel Deutschland Experten aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik zum Dialog nach Seeheim. Im Mittepunkt stand das Thema „CHANGE – Den Wandel gestalten“. Etwa 150 Gäste konnten im exklusiven Rahmen mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft diskutieren und eine Vielzahl von Anregungen mitnehmen: „Es ist eine sehr interessante Veranstaltung. Ich bin überrascht von der Vielfalt und der unterschiedlichen Intensität der Panels. Es ist sehr interessant – von Wirtschaft über Politik bis hin zu Marketing mit den Influencerinnen“, äußerte sich etwa Ute Poprawe, Publicis Pixelpark.

Der Mensch muss den Mehrwert erfahren

Den Anfang machte in diesem Jahr Frank Dopheide, Geschäftsführer der Verlagsgruppe Handelsblatt. In seiner Keynote beschrieb er unterhaltsam und anschaulich wie Veränderungsprozesse angestoßen und erfolgreich umgesetzt werden können. Dabei dürften auch grundsätzliche Fragen nach dem Geschäftsmodell nicht ausgeblendet werden: „Wir müssen lernen tapferer zu denken. Die Modelle der Optimierung und Effizienzsteigerung funktionieren nicht mehr. Wir brauchen den gedanklichen Sprung und müssen darauf achten, dass es nicht Technologie alleine ist, sondern die soziale Innovation.“ Seiner Meinung nach kommt es dann zum Durchbruch und zur Veränderung, wenn der Mensch den Mehrwert für sein tägliches Leben und Handeln spürt.

Um die Veränderungsprozesse kreisten auch die Podien am Vormittag. „Change nach der Bundestagswahl“ stellte die Frage, ob Politik Treiber oder Bewahrer ist und was Politiker überhaupt bewegen können, in den Mittelpunkt? Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD), Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) und Klaus Ernst (DIE LINKE) versuchten sich an einer Bestandsaufnahme und appellierten, dass sich jeder Einzelne aktiv einbringen müsse, um die Veränderung positiv mitzugestalten. Das zweite Podium beschäftigte sich mit Europa und den aktuellen Umbrüchen. Hier diskutierten Wolfgang Tiefensee (SPD), Lencke Steiner (FDP), Prof. James Bindenagel (ehem. US-Botschafter) und Lucia Puttrich (Hessische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Bevollmächtigte des Landes Hessen beim Bund) die europäische Idee auf dem Hintergrund von Brexit, Trump und Flüchtlingskrise. Lucia Puttrich zog dabei den Vergleich zum Sport: „In einer Fußballmannschaft gibt es Spieler mit verschiedenen Rollen. Manche haben eine Führungsposition. Andere entwickeln sich erst. Letztlich gewinnt oder verliert aber das ganze Team, nicht ein Einzelner. So ist es auch mit der Europäischen Union.“ Auch Wolfgang Tiefensee appellierte an die Kraft von Europa. Dazu benötige man allerdings eine Vision. Ein wichtiger Punkt für ihn: „Wir sollten dafür sorgen, dass Europa näher an die Menschen rückt. Ein Europa der Bürgerinnen und Bürger. Dabei kann Deutschland mithelfen.“

Abwechlsungsreich war der Heiße Stuhl mit Gregor Gysi (DIE LINKE). Neben Anekdoten gab es aber auch klare Botschaften für eine „Change in der Gesellschaft“. Gysi: „Ich akzeptiere nicht, dass wir erstens so viel Armut und prekäre Beschäftigungsverhältnisse haben. Das Zweite, was ich nicht akzeptiere, ist, dass die Mitte alles bezahlt. Und auch in der Wirtschaft ist es so, dass die kleinen und mittelständischen Unternehmen ihre Steuern ehrlich bezahlen, die Banken und großen Unternehmen aber immer Wege finden, sie nicht zu bezahlen.“

Veränderung hat auch etwas mit Mut zu tun

Den Blick von der Politik weg, hin zum Menschen wagte Rüdiger Böhm. Der Motivationstrainer, Coach und Autor erläuterte in seiner Keynote „Grenze oder Herausforderung“, dass Erfolg oder Misserfolg wenig mit Schicksal oder Glück zu tun hat, sondern eher etwas mit der inneren Einstellung. Für ihn, der sich selbst nach einem schweren Schicksalsschlag wieder hochkämpfen musste, steht fest: „Die Veränderung beginnt bei uns selbst. Wir haben es alle in der Hand. Und wenn wir uns darüber bewusst werden, können wir Hindernisse nicht als Grenze, sondern als Herausforderung betrachten, die wir im Rahmen unserer eigenen Möglichkeiten überwinden können. Schritt um Schritt. Die meisten von uns können viel mehr erreichen als sie glauben, wenn sie nur dazu bereit sind es einfach einmal zu versuchen!“ Auch und gerade bei Veränderungsprozessen braucht man Mut.

Am Nachmittag rückten die Veränderungen in den Unternehmen in den Mittelpunkt. Über Erfolgskonzepte diskutierten Dr. Mirko Caspar (Mister Spex), Roland Werner (Uber Germany) und Markus Lesser (PNE Wind AG). Roland Werner unterstrich dabei, dass man offen mit Veränderungen umgehen und die Vorteile, aber auch Risiken ganz transparent darstellen muss. Für Dr. Caspar sind „eine klare Vision und eine kundenorientierte, datengetriebene und agile Organisations- und Firmenkultur die Voraussetzungen für erfolgreiches Unternehmertum in digitalen Zeiten.“ Auch für Markus Köhler (Microsoft), Teilnehmer am Podium „Digitale Transformation von Unternehmen“, war der Wirtschaftsgipfel Deutschland eine positive Inspiration: „Der Wirtschaftsgipfel Deutschland ist eine tolle Institution. Er bringt die Wirtschaft zusammen und ermöglicht einen Austausch, um auch voneinander lernen zu können.“ Er diskutierte mit Barbara Wittmann (LinkedIn) und Bernhardt Blauth (Knorr Bremse) die Erfolgsmodelle für Arbeiten 4.0. Für ihn ist Vertrauen in die Mitarbeiter wichtig, Stichwort Vertrauenskultur. Ihm geht es nicht um Kontrolle der Mitarbeiter, sondern um das Ergebnis. Köhler merkt zudem an: Bei der Digitalisierung und neuen Projekten ist es wichtig, nicht immer von den Bedenken auszugehen, sondern die Chancen zu sehen. Growth Mindset nennen das die Amerikaner, die, so Köhler, uns Deutschen in dieser Hinsicht einen Schritt voraus sind. „Wir sind geneigt, eher das Negative zu sehen, und nicht die große Möglichkeit.“

Eine ganz andere Note bekam der Wirtschaftsgipfel Deutschland mit dem Influencer-Panel. Hier saßen keine traditionellen Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen, sondern vier von Deutschlands wichtigsten Bloggerinnen. Sie erzählten unkonventionell von ihrem Arbeitsalltag, den Möglichkeiten und der Verantwortung. Schließlich folgen etwa Caroline Einhoff allein auf Instagram knapp 1 Million Menschen, zumeist Jugendliche. Im Schnitt erreichen ihre Beiträge 40.000 Personen mit hoher Interaktion.

Zum Abschluss des diesjährigen Wirtschaftsgipfel Deutschland ließ Dr. Thomas Vollmoeller (XING) die Besucherinnen und Besucher etwas ins Innere von XING und in die Zukunft der Arbeitswelt schauen. Für ihn steht fest, dass Berufe durch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz völlig neu definiert werden. Andere Strukturen und Arbeitsmodelle erfordern sowohl von der nachrückenden Generation, aber auch von den Mitarbeitern in den Recruiting- oder HR-Abteilungen völlig neue Skills. Für Marcel Riwalsky, Initiator der Wirtschaftsgipfel-Reihe und Geschäftsführer des Veranstalters, der DA! GmbH, zeigte der Wirtschaftsgipfel Deutschland erneut, wie wichtig Austausch und Networking zu aktuellen Themen sind: „Wirtschaft und Politik müssen miteinander ins Gespräch kommen, um Denkprozesse anzustoßen und Veränderungen möglich zu machen. Hier kann man das in einem ungezwungenen und unkonventionellen Rahmen machen. Das schätzen sowohl die Teilnehmer als auch Besucher.“

Im nächsten Jahr findet der Wirtschaftsgipfel Deutschland am 22. September 2018 im Raum Frankfurt statt. Das Thema lautet dann: Herausforderung Zukunft – Digitalisierung, Demografie, Globalisierung. Infos und Anmeldung unter diesem Link.